Es gibt Fehler im Einkauf, die immer wieder gern gemacht werden, obwohl sie die Einkaufsleistung erheblich schmälern. Wie man sie vermeidet.
Der industrielle Einkauf ist weitgehend professionalisiert. Allerdings besteht, abhängig von Unternehmensgrößen, -strukturen und Branchen, ein deutliches Gefälle beim Know-how und im operativen Bereich. Es gibt Fehler, die immer wieder gern gemacht werden, obwohl sie die Einkaufsleistung erheblich schmälern. Wie man sie vermeidet:
1. Lieferantenabhängigkeit: den Wettbewerb beleben!
Stammlieferanten sind dem Einkauf lieb – und zugleich teuer. Ausschreibungen gehen bevorzugt an langjährige Lieferpartner. Man kennt sich, ist aufeinander eingespielt und setzt auf eine gewachsene Loyalität. Dass dieses Kalkül nicht immer aufgeht, zeigte vor einigen Monaten das Beispiel eines großen OEMs der Automobilindustrie.
Studien belegen: Mehr und häufigerer Wettbewerb reduziert Abhängigkeiten und senkt die Einkaufskosten. Dafür müssen die Unternehmen allerdings deutlich mehr in die Marktrecherche investieren.
2. „Handlanger“ Einkauf: früher mitmischen!
Der Einkauf „fügt“ sich noch zu sehr in seine angestammte Rolle als Bestellabwickler. Dabei könnte er, so Einkaufsberater Markus Füchtenbusch von Convivax, seine Rolle an der Schnittstelle zwischen Produktionern und Technikern ausspielen: bei Lieferanten frühzeitig Innovationen einfordern, diese im Auge behalten und weiter vorantreiben sowie Warengruppenstrategien maßgeblich mit entwickeln. Dadurch würden die Planungssicherheit erhöht und die Zeiten bis zu den Produktionsstarts verkürzt. In den meisten Unternehmen gibt es für dafür aber keine standardisierten Prozesse.
3. Zu teure Kleinmengen: Volumenverträge verhandeln!
Statt die Einspareffekte einer Volumenbündelung auszunutzen, regiert der Einkauf lediglich auf Teilmengen-Anforderungen der Produktion. Daraus resultiert eine Vielzahl an kleinen Bestellungen zu höheren Kosten und dies nicht selten an mehrere angestammte Lieferanten nach dem Motto „Jeder bekommt ein Stück von Kuchen“. Auf Basis einer Gesamtmengen-Vereinbarung flexible Preismodelle mit Lieferanten vertraglich vereinbaren.
4. Spielräume ausgeschöpft: technische Optimierungshebel nutzen!
Der Einkauf bevorzugt kaufmännische und operative Hebel wie Ausschreibungen oder spezielle Verhandlungstaktiken. Technische und produktstrategische Ansätze, zum Beispiel die Änderung von Spezifikationen oder Entfeinerungen, bleiben weitgehend unberücksichtigt. Durch Standardisierung und Modularisierung ließen sich – so Berater Füchtenbusch – Produktranges mit deutlich weniger Teilen erzeugen. Gleiche Bauteile können in großer Menge kostengünstig beschafft und erst am Ende zu „individuellen“ Produkten zusammengefügt werden.
Zusätzlicher Effekt: geringere Gemeinkosten durch weniger Bestellvorgänge.
5. Fehlende Selbstkontrolle: mit Kennzahlen planen und messen!
Oft quantitativen Zielsetzungen für den Einkauf und Kennzahlensysteme, anhand derer ein Erfolg oder Misserfolg objektiv beurteilt werden kann. Laut dem aktuellen BME-Kompendium „TOP-Kennzahlen im Einkauf“ werden zirka 29 Prozent aller Lieferanten bewertet, knapp 70 Prozent davon für Produktionsmaterial. Rund zwölf Prozent der bei der Erhebung Befragten gaben an, dass sie gar keine Lieferantenbewertung durchführen.
6. Liefermängel: Ansprüche rechtssicher machen!
Eine fehlerhafte Charge: Der Einkäufer ruft verärgert beim Lieferanten an und beschwert sich über den „Mist“. Das reicht aber nicht, um die Gewährleistungsansprüche zu sichern. Diese müssen in Art und Umfang genau beschrieben werden; aus Beweisgründen am besten schriftlich.
Auch darf man damit nicht warten. „Unverzüglich“ heißt es im entsprechenden Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Anfechtungsfrist. Der Hinweis auf einen erkrankten oder urlaubenden Mitarbeiter zieht vor Gericht nicht.
Eine Lösung: eine längere Prüf- und Rügepflicht individualvertraglich vereinbaren.
7. Lieferausfälle durch Insolvenz: Risiken rechtzeitig erkennen!
Noch allzu häufig werden Einkäufer von einer wirtschaftlichen Schieflage oder Insolvenz eines wichtigen Lieferanten überrascht, weil die notwendige systematische Beobachtung der Zulieferer vernachlässigt wurde.
Frühindikatoren wie wiederholte Lieferverzögerungen oder Meldungen von Vorlieferanten über Zahlungsverzüge dürfen nicht unbemerkt bleiben. Hilfreich ist eine Checkliste für alle beteiligten Mitarbeiter. Eine sichere Methode ist ein kontinuierliches Lieferanten-Scanning mithilfe eines Wirtschaftsinformationsdienstes, der Auffälligkeiten automatisch meldet.
8. Planlos beim Einkauf: Verhandlungsstrategien festlegen!
Verkäufer sind schlau. Manche verstehen es, in schwierigen Einkaufsgesprächen die Techniker bzw. Produktioner und die Einkäufer gegeneinander auszuspielen. Daher ist es sehr wichtig, dass Fachabteilung und Einkauf eine Sprache sprechen und abgestimmte Alternativen in der Hinterhand haben.
Die permanente Suche nach Alternativlieferanten und deren Eignungsprüfung anhand von Material- oder Produkttests und Recherchen über die Zuverlässigkeit ist ein absolutes Muss. Damit kann auch „eingefleischten“ Technikern die Wechselangst genommen werden. Hartnäckige Verhandlungspartner lassen sich durch „Kosten- und Wertanalysen „entwaffnen“; mit ihnen werden Qualitäten und Preise anhand von Benchmarkvergleichen transparent und objektiv bewertbar gemacht.
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